Ruf der Liebe
- Tom & Alex
- vor 2 Tagen
- 2 Min. Lesezeit
Wir nehmen die Welt gewöhnlich durch unsere Sinne wahr. Da erscheint das Wort Wunder wie ein seltenes Ereignis – etwas Übernatürliches, das die Naturgesetze aufhebt, eine Ausnahme vom Alltäglichen. Doch "Ein Kurs in Wundern" lädt uns ein, dieses Verständnis grundlegend zu hinterfragen. In seinem Kontext ist ein Wunder nichts, das äußere Gesetze überwindet, sondern etwas, das unsere innere Wahrnehmung heilt. Es ist ein Akt der Liebe, ein Sinneswandel, eine Rückkehr zu Wahrheit und Klarheit – in einem Moment, in dem wir bereit sind, nicht mehr mit den Augen des Egos zu sehen.
Ein Wunder, so lehrt der "Kurs", ist nicht spektakulär im äußeren Sinne – sondern schlicht, still und zutiefst heilsam. Es ist ein Korrigieren der Wahrnehmung, das uns von Angst zurück in die Liebe führt. Nicht die Welt selbst ändert sich – aber unsere Sicht auf die Welt. Und genau das macht den Unterschied zwischen Trennung und Verbindung, zwischen Urteil und Mitgefühl, zwischen Schmerz und Frieden.
Stell dir vor, ein Mann lebt seit Jahren in Groll gegenüber seinem Bruder. Ein altes Ereignis hat ihre Beziehung zerrüttet – Worte wurden gesprochen, Türen zugeschlagen, Funkstille herrscht. Das Ego sagt: "Ich habe Recht, und er hat mich verletzt." Diese Geschichte wird gepflegt, genährt, immer wieder erinnert – wie ein inneres Feuer, das nie ganz verlöscht.
Doch eines Tages geschieht etwas: Der Mann beginnt in sich einen Schmerz zu spüren, der nicht mehr ignorierbar ist. Er setzt sich in die Stille, vielleicht nur aus Erschöpfung, vielleicht aus Sehnsucht. Und plötzlich – ein Gedanke: Was, wenn mein Bruder genauso gelitten hat wie ich? Was, wenn seine Tat aus Angst geschah – so wie meine Reaktion auch aus Angst kam?
In diesem Augenblick fällt ein Schleier. Für einen Moment sieht er nicht mehr mit den Augen der Trennung, sondern mit den Augen der Verbundenheit. Das ist ein Wunder. Nicht, weil sich die Vergangenheit geändert hätte, sondern weil sich die Sicht darauf gewandelt hat. Das Herz öffnet sich, Vergebung wird möglich – und ein Friede tritt ein, der vorher unvorstellbar war.
Ein Wunder fühlt sich an wie ein plötzliches Licht in einem dunklen Raum. Nicht laut, nicht schrill – sondern sanft, leise, und doch unwiderstehlich klar. Es ist die Erfahrung, dass du nicht allein bist, dass es mehr gibt als das, was deine Augen sehen, und dass Liebe jetzt möglich ist – auch da, wo vorher Schmerz war.
Wunder sind Geschenke des Heiligen Geistes, sagt der Kurs, Impulse der Erinnerung daran, dass wir alle eins sind. Sie durchbrechen nicht die Welt – sie durchbrechen das Denken in Trennung. Und genau darin liegt ihre Kraft: Sie führen uns heim, zurück zu einer Sichtweise, die uns heilt, weil sie auf Wahrheit beruht, nicht auf Illusion.
Wunder geschehen, wenn wir bereit sind, loszulassen – das Urteil, den Schmerz, das Recht haben wollen. Sie sind nicht etwas, das wir machen, sondern etwas, das durch uns geschieht, wenn wir nicht mehr im Weg stehen. Sie sind die leise Stimme Gottes, die sagt: "Du bist geliebt. Du warst es immer."
Und vielleicht liegt das größte Wunder darin, dass wir uns wieder daran erinnern dürfen.

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