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Ego fallen

Am Anfang unseres Lebens stehen wir mit einem offenen Herzen auf dieser Welt. Wir kennen kein Misstrauen, keine Strategien, keine Mauern. Wir sind unschuldig, unbeschwert – lebendig. Doch dann kommen die ersten Erfahrungen von Zurückweisung, Enttäuschung, Trennung. Und etwas in uns beginnt, sich zurückzuziehen.

Still, fast unmerklich, verschließen wir einen Teil unserer Lebendigkeit. Manche von uns leben fortan ein Leben der stillen Rebellion – verborgen hinter Schutzmauern, die uns vermeintlich Sicherheit schenken. Andere kämpfen offen, doch auch sie tragen ihre unsichtbaren Mauern mit sich. Diese Mauern entstehen nicht aus Bosheit, sondern aus Angst. Angst, noch einmal verletzt zu werden. Angst, noch einmal zu verlieren, was uns kostbar ist.

Vielleicht aber, eines Tages, geschieht etwas. Eine leise, fast vergessene Sehnsucht regt sich in uns: Kann es wirklich sein, dass das alles ist? War das Leben nicht einst heller, weiter, schöner? Und so beginnen wir eine Reise – nicht irgendwohin im Außen, sondern tief in unser Inneres. Eine Rückkehr. Eine Rückkehr zu unserer Mitte, zu dem offenen, freien Herzen, das wir einst waren – und das wir niemals verloren haben, sondern nur vergessen.

Auf dieser Reise erkennen wir die Entfremdung, die in uns stattgefunden hat. Wir erkennen, wie sehr wir uns selbst verloren haben im Versuch, uns zu schützen. Und langsam, Stein für Stein, beginnen wir die Mauern, die uns einst Zuflucht boten, wieder abzubauen.

Manchmal erleben wir Durchbrüche. Momente tiefer Befreiung, in denen das Licht unserer ursprünglichen Unschuld aufscheint. Manchmal aber fordert uns der Weg alles ab. Denn unser Ego, jener Teil in uns, der aus Angst lebt, kämpft um seine Existenz. Es flüstert: Bleib wo du bist. Dort bist du sicher. Vertrau nicht. Öffne dich nicht. Es wird dir nur Schmerz bringen.

Und wenn wir dann dennoch einen weiteren Stein entfernen, einen weiteren Schritt ins Offene wagen, stellt uns das Leben manchmal auf die Probe. Etwas geschieht, das uns wieder zurückschrecken lässt. Und unser Ego triumphiert: Siehst du? Ich hatte recht. Es war töricht, dich zu öffnen.

Doch das sind nicht die Stimmen der Wahrheit. Es sind die Einwände einer Identität, die glaubt, nur durch Trennung, Kontrolle und Rückzug überleben zu können. Unser wahres Selbst aber – das offene, freie Herz – weiß: Wirkliche Sicherheit liegt nicht im Rückzug. Wirkliche Sicherheit liegt im Vertrauen. In der Verbindung. In der tiefen Gewissheit, dass wir allem, was uns begegnet, gewachsen sind – nicht weil wir unverwundbar wären, sondern weil wir lebendig sind.

Wenn wir lernen, trotz der ängstlichen Einwände unseres Egos weiterzugehen – trotz Rückschlägen, trotz alter Verletzungen – dann beginnt etwas Neues. Wir leben nicht länger im Schatten unserer Schutzmauern. Wir leben im Fluss. Wir leben im Vertrauen.

Wir halten nicht mehr zwanghaft fest. Wir kontrollieren nicht mehr aus Angst. Wir beginnen zu sein – vollständig, offen, verletzlich und doch unendlich stark.

Und so kehren wir zurück. Nicht zu einem alten Zustand, sondern zu einer tieferen Wahrheit: Dass wir ganz sind. Dass wir getragen sind. Dass wir in jedem Moment neu die Wahl haben, das Herz zu öffnen und das Leben wieder vollständig zu umarmen.



 
 
 

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