Die Schwelle zwischen den Welten
- Tom & Alex

- 15. Okt.
- 2 Min. Lesezeit
Heute möchte ich ein Thema berühren, dem viele lieber ausweichen: den Tod. Nicht als düstere Gestalt, nicht als Ende, sondern als Spiegel unseres Verhältnisses zum Leben.
Wenn wir Angst haben vor dem Leben, dann fürchten wir auch den Tod. Denn beides sind keine Gegensätze! Sie sind zwei Seiten derselben Wahrheit. Wer sein Leben über Jahre mit klaren Grenzen, roten Linien und Mauern abgesichert hat, dem erscheint auch der Tod als letzte, unüberwindbare Linie. Diese Linie wurde nicht zufällig gezogen. Oft ist sie das Ergebnis vieler schmerzhafter Begegnungen: Enttäuschungen, Verluste, Vertrauensbrüche.
Irgendwann haben wir begonnen, uns zurückzuziehen. Uns selbst nicht mehr ganz hineinzustellen ins Leben. Vielleicht im stillen Rückzug oder vielleicht als Rebell. Wir haben entschieden nicht mehr alles zu geben, auf Grund von Überforderungen es laufen zu lassen oder wir haben ein Leben lang gekämpft. Wir haben den Platz, der eigentlich für uns bestimmt war, nie wirklich eingenommen. Aus Angst, verletzt zu werden. Aus Angst, die Kontrolle zu verlieren. Aus Angst, nicht zu genügen.
Und so wurde das Leben ein Raum, den wir durch Sicherheiten abzusichern versuchten, mit Besitz, Beziehungen, Meinungen, Rollen, Gewohnheiten, Kampf oder Macht. Der Tod erscheint dann wie der Feind dieser Sicherheiten. Wie ein kalter Wind, der alles hinwegfegt, was wir festhalten wollen.
Doch das, woran wir uns klammern, ist nicht Leben. Es sind Anhaftungen. Bilder. Vorstellungen. Schutzmechanismen. Es sind die vermeintlichen Sicherheiten von Rückzug, Kampf und Verweigerung.
Wir opfern unsere Freiheit, um das Gefühl von Kontrolle zu behalten. Wir wählen das Bekannte, auch wenn es uns einengt, anstatt das Unbekannte zu umarmen, das uns weiten könnte.
Der Tod konfrontiert uns mit der nackten Wahrheit: Wir besitzen nichts. Nicht einmal das Leben gehört uns. Und genau darin liegt die Erlösung.
Denn wenn wir erkennen, dass alles, was wir festhalten wollen, nur eine leere Schale ist, können wir endlich loslassen. Dann fällt der Kampf gegen das Unvermeidliche in sich zusammen. Was bleibt, ist ein tiefer, stiller Raum. Derselbe Raum, in dem das Leben geschieht.
Wer dem Tod ohne Flucht begegnet, begegnet auch dem Leben. Er erkennt: Sicherheit war nie das Ziel. Ganzheit war es. Der Weg ist es. Der Atem ist es.
In diesem Erkennen beginnt etwas Neues: Wir müssen das Leben nicht mehr kontrollieren. Wir dürfen es atmen. Wir müssen den Tod nicht mehr fürchten. Wir dürfen ihn achten.
Wenn wir nicht länger gegen ihn ankämpfen, sondern ihn als Teil unseres Weges annehmen, verlieren seine Schatten ihre Macht. Und das Leben, dieses wilde, unberechenbare, kostbare Geschenk kann uns endlich ganz durchströmen.
Am Ende ist der Tod kein Feind. Er ist eine Schwelle. Und auf dieser Schwelle, wenn wir mutig hinschauen, wartet nicht Dunkelheit. Sondern Freiheit.







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