Zwischen den Welten
- Tom & Alex

- 28. Okt.
- 3 Min. Lesezeit
Es gibt Momente, in denen die Sprache still wird, weil das Leben etwas sagt, das nicht in Worte passt.
Momente, in denen das Leben uns nicht fragt, ob wir bereit sind, sondern einfach die Tür öffnet. Leise. Unumkehrbar.
Wir nennen uns gern die Architekten unseres Lebens. Wir planen, entscheiden, gestalten. Wir zeichnen Linien auf Landkarten, bauen Sicherheiten, entwerfen Zukunft. Doch tief in uns wirken auch andere Kräfte, die größer sind als jeder Plan. Nicht fremde Mächte, sondern Anteile unserer selbst. Vergessen, verdrängt, abgespalten.
Vieles von dem, was wir im Leben als „Problem“ erleben, entsteht nicht zufällig. Oft sind Krisen, Brüche oder unerwartete Wendungen stille Fingerzeige: „Hier bist du noch nicht ganz. Hier hast du dich irgendwann getrennt.“So, wie wir uns im Außen von Menschen, Orten oder Lebenswegen trennen, so trennen wir uns innerlich von Anteilen unseres eigenen Wesens. Aus Schmerz, aus Schutz, aus Angst. Die Welt hält uns dann einen Spiegel hin und ruft uns zu: „Schau hierhin. Genau hier wartet ein Stück von dir darauf, wieder aufgenommen zu werden.“
Wir glauben oft, Probleme seien Hindernisse, die uns vom Leben abhalten. Doch was, wenn sie in Wahrheit Hinweise sind, manchmal sanft, manchmal radikal, die uns einladen, innere Trennungen zu erkennen, zu verstehen und zu heilen? Dann wäre jede Herausforderung nicht Strafe, sondern ein mögliches Tor zurück zur Ganzheit.
Und genau in solchen Momenten öffnet das Leben seine Tür. Nicht auf unseren Wunsch hin, nicht nach unserem Plan. Sondern dann, wenn wir bereit sind oder bereit gemacht werden hinzusehen. Diese Tür steht nicht gegen uns. Sie zeigt dorthin, wo wir vergessen haben, ganz zu sein.
Wir stehen in diesem Spannungsfeld: Auf der einen Seite unser Wille, unser Plan, unsere Vorstellung von Kontrolle. Auf der anderen Seite das tiefere Feld unseres eigenen Bewusstseins, das uns, manchmal leise, manchmal kraftvoll, zurückführt, Schicht für Schicht, in das, was wir wirklich sind.
Es war Nacht. Vor mir lag ein dunkler See. Ein kleines, altes Holzboot legte an. Darin eine Gestalt, groß, schweigend, in einen schwarzen Mantel gehüllt. Es war mir klar, dass er meinetwegen da war und mich abholte.
Ich stieg ein. Das Boot glitt hinaus, und das Ufer entfernte sich immer weiter. Im Raum dazwischen gab es keine Zeit mehr. Keine Geschichte. Keine Pläne. Kein Gerede. Keine Ausreden. Keine Ablenkung. Nur Gegenwart.
Und dann, wie aus der Tiefe meines Wesens, kam ein Bild: das, was mich mit dem Leben verband. Und mit diesem Bild eine Frage, die nicht gesprochen, aber unausweichlich war:
„Was willst du?“
Keine große Stimme. Nur eine stille, klare Präsenz, die wusste, dass niemand diese Entscheidung außer mir treffen konnte.
Ich wählte das Leben.
Wenn man zurückkehrt, ist nichts mehr wie zuvor. Nicht, weil sich die Welt verändert hat, sondern weil man selbst nicht mehr derselbe ist. Das Leben verliert seine Selbstverständlichkeit. Es wird durchsichtig, fragil, kostbar. Die Kontrolle, an der ich mich zuvor so festhielt, erscheint seitdem wie ein dünnes Seil, das ich zwar halten, aber nie wirklich führen konnte.
Was bleibt, ist ein leises Wissen: Viele Krisen, viele Brüche, viele Probleme im Leben sind keine Feinde. Oft sind sie Einladungen. Nicht, um uns zu zerstören, sondern um uns zu erinnern. Daran, wo wir uns getrennt haben. Daran, wo ein Teil von uns noch auf Heimkehr wartet.
Ich habe erfahren, dass das Leben nicht gegen mich arbeitet, sondern mich, manchmal auf sehr radikale Weise, zu mir selbst zurückführt.
Wenn du auf dein Leben zurückblickst: Welche Türen hat das Leben für dich geöffnet , nicht, weil du bereit warst, sondern weil du bereit werden solltest? Und welche Teile von dir selbst warten vielleicht noch auf eine Rückkehr?







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