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Der stille Ort, an dem wir uns wiederfinden

In traumatischen Erfahrungen, in denen wir scheinbar Sicherheit und Lebensvertrauen verlieren, geschieht in uns oft eine stille, aber weitreichende Entscheidung. Auf einer tiefen seelischen Ebene sagen wir uns: „Wenn ich schon so verletzt werden kann, dann ist es besser, mein Vertrauen zurückzuziehen. Es ist sicherer, nicht mehr so unbeschwert zu fühlen, nicht mehr so frei zu denken, nicht mehr so lebenslustig zu handeln.“

Diese Entscheidung ist eine Überlebensstrategie. Wir spalten das Verletzliche ab und bringen es an einen inneren oder imaginären Ort, den wir als sicher empfinden. Es ist, als würden wir kostbare Teile unserer Lebendigkeit in eine geheime Kammer einschließen, um sie vor der Welt und oft auch vor uns selbst zu schützen. In diesem Moment scheint es, als würden wir dadurch Stabilität gewinnen. Doch in Wahrheit verlieren wir etwas: Die Welt verliert ihre Farbe, das Leben wird matt, kalt, grau.

In der spirituellen Arbeit zeigt sich dieser Prozess oft sehr deutlich. Wenn wir uns erlauben, tiefer zu schauen, erkennen wir, dass diese Anteile nie wirklich verschwunden sind. Sie warten. Sie sind in uns aufgehoben, oft eingefroren in der Zeit des Schmerzes, und sie sehnen sich danach, wieder zurückgeholt zu werden.

Der Weg zurück führt über das Hinschauen, das Anerkennen und das Mitgefühl. Wenn wir uns trauen, wieder auf die Suche nach diesen abgespaltenen Teilen zu gehen, entdecken wir die Räume, in die wir sie damals gebracht haben. Manchmal zeigen sie sich als innere Bilder, manchmal als Gefühle, die wir lange verdrängt haben. Und manchmal auch als körperliche Spannungen, die uns stumm daran erinnern, dass etwas fehlt.

Die Integration dieser Teile ist ein heiliger Akt. Es ist, als würden wir einem Kind die Hand reichen, das lange Zeit allein im Dunkeln gewartet hat. In dem Moment, in dem wir sagen: „Ich sehe dich, ich hole dich zurück in mein Herz“, geschieht Heilung. Wir spüren, wie das Leben wieder wärmer wird, wie Farben zurückkehren, wie die Leichtigkeit und die Lust am Sein sich langsam wieder zeigen.

Diese Rückkehr macht uns nicht naiv oder verletzlich im alten Sinne. Sie macht uns ganz. Sie gibt uns eine Kraft, die nicht aus Abwehr, sondern aus Vertrauen geboren ist. Wir beginnen, wieder aus einer Quelle zu leben, die uns von innen her nährt. Unser Wirken in der Welt verändert sich: Es wird tiefer, authentischer, von Vertrauen durchdrungen.

Und genau darin liegt die Transformation. Was einst als Schutz diente, darf sich in Lebenskraft verwandeln. Was einst abgespalten war, wird zu einer Quelle von Fülle. Aus der Kälte wird Wärme. Aus der Farbe des Mangels wird der ganze Regenbogen unseres Seins.

ree

 
 
 

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