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AutorenbildTom & Alex

Die Illusion der Tatsachen

"Es ist gesagt oder getan und kann nicht mehr ungesagt oder ungeschehen werden" – dieser Satz trägt eine immense Schwere, eine finale Unwiderruflichkeit, die unser Ego geschickt nutzt, um sich zu schützen und die Illusion von Kontrolle und Trennung aufrechtzuerhalten. Was einmal ausgesprochen wurde, scheint unwiderruflich und unumkehrbar. Doch warum klammert sich unser Ego so sehr an diesen Satz? Warum lässt es uns glauben, dass etwas gesagt ist und damit das Schicksal besiegelt?


Unser Ego, das sich als unser vermeintlicher Beschützer sieht, empfindet tiefe Angst vor Verletzlichkeit und dem Verlust von Kontrolle. Es sucht falsche Sicherheit in festen Strukturen und Glaubenssätzen, die das Chaos und die Unsicherheit des Lebens vermeintlich in Schach halten. Der Satz "Es ist gesagt und kann nicht mehr ungesagt werden" wird in diesem Kontext zu einem mächtigen Instrument, fast wie ein Schwur. Denn wenn etwas unumkehrbar ist, bedeutet es, dass keine neue Verhandlung, keine offene Klärung mehr notwendig ist. Das Ego erschafft damit eine Mauer, die Veränderung und damit Verbundenheit verhindert. Es gibt uns das Gefühl, dass alles, was nach diesen Worten kommt, irrelevant ist – wir haben "recht", wir haben unser Urteil gesprochen, und damit ist der Fall abgeschlossen.


Doch was verbirgt sich dahinter? Die tiefe Angst vor Verbindung. In der Verbindung mit anderen liegt immer das Risiko, uns zeigen zu müssen, uns zu öffnen und verletzlich zu machen. Wenn wir glauben, dass etwas nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, müssen wir uns nicht mehr der schwierigen Aufgabe stellen, Brücken zu bauen, Missverständnisse aufzuklären oder vielleicht sogar unsere eigene Position zu überdenken. Der Satz hält uns fest in einer Position der Abgrenzung – wir dürfen uns sicher fühlen hinter der Mauer unserer Worte.


Die versteckten Vorteile für das Ego sind offensichtlich: Es muss nicht in die Unsicherheit der echten Begegnung gehen, es muss keine Verantwortung für Heilung übernehmen, und es bleibt in der bequemen Position des "Rechthabers". Doch genau diese Position hält uns in der Illusion der Trennung gefangen. Solange wir uns an diese Idee der Unwiderruflichkeit klammern, bleiben wir isoliert – sicher, wie uns das Ego glauben machen möchte, aber vor allem einsam und getrennt von der lebendigen, dynamischen Energie des Lebens.


In Wahrheit ist nichts, was gesagt wurde, unumkehrbar. Worte können gewandelt werden, Einsichten können sich verändern, und Heilung ist immer möglich, wenn wir den Mut aufbringen, uns der Verbindung zu öffnen. Es ist nicht das, was gesagt wurde, das uns trennt, sondern unser Beharren auf der Illusion, dass es keine Rückkehr gibt. Wenn wir uns entscheiden, diese Illusion loszulassen, erlauben wir uns, in die Tiefe der Verbindung einzutreten, in die Nähe zu anderen und zu uns selbst.


Das Ego mag uns weismachen, dass die Mauer der Worte Schutz bietet, doch in Wirklichkeit hält sie uns von dem entfernt, wonach wir uns am meisten sehnen: echte Nähe, Liebe und Verbundenheit. Solange wir glauben, dass etwas nicht ungesagt werden kann, sind wir nicht wirklich bereit, in den Fluss des Lebens zu treten, der ständige Veränderung und Transformation bedeutet. Der wahre Mut liegt darin, zu erkennen, dass nichts jemals endgültig ist – weder unsere Worte, noch unsere Beziehungen, noch unsere Fehler. Es ist unsere Bereitschaft, in diesen Fluss einzutreten, die uns letztendlich von den Fesseln des Egos befreit und uns in die wahre Freiheit der Verbindung führt.



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