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Gefühle der Menschlichkeit

Autorenbild: Tom & AlexTom & Alex

Fühlen. Ein Wort, das uns oft zu tiefsten Höhen und auch Abgründen bei Menschen führt. Es trägt die Kraft in sich, uns mit uns selbst und anderen zu verbinden, lässt uns erblühen oder in Dunkelheit sinken. Doch in unserer modernen Welt ist Fühlen nicht mehr selbstverständlich. Viele von uns haben verlernt, wirklich zu fühlen, haben aus Angst gelernt, ihre Emotionen zu unterdrücken, besonders jene, die als "bedrohlich" gelten – Schmerz, Wut, Trauer, Scham.


Diese sogenannten „bedrohlichen“ Gefühle lösen zusätzlich oft Ängste in uns aus, weil sie uns mit der eigenen Verletzlichkeit konfrontieren. Das Ego schützt sich instinktiv davor, sich schwach oder verwundbar zu zeigen. Wut könnte uns die Liebe oder Anerkennung anderer kosten. Schmerz zeigt uns die Zerbrechlichkeit des Lebens. Trauer erinnert uns an Verlust. Um diesen Gefühlen zu entkommen, entwickeln wir Vermeidungsstrategien – distanzieren uns und schaffen innere Mauern. Doch diese Abspaltung hinterlässt Spuren. Denn Gefühle lassen sich nicht einfach wegschieben; sie suchen uns immer wieder heim, fordern gesehen, anerkannt und letztlich geheilt zu werden. Sie erinnern uns daran, dass wir menschlich sind und dass das Menschsein eine Vollständigkeit verlangt – die Bereitschaft, alles zu fühlen.


Jedes Gefühl ist ein Bote, der uns eine tiefere Wahrheit über uns selbst zeigt. Die Angst vor diesen Gefühlen ist letztlich die Angst davor, uns selbst zu begegnen. Wir steigen in eine "Loge" hinauf, von der aus wir dem Leben zuschauen. Aus sicherer Entfernung kommentieren wir die Dramen und Freuden der anderen, doch all dies verdeckt unseren eigenen Schmerz, unsere eigene Sehnsucht nach Leben und Lebendigkeit. Wir sehen das Geschehen, nehmen es wahr, doch wir fühlen nicht wirklich mit. Unsere Empathie verdorrt, unser Vertrauen schwindet – sowohl zu uns selbst als auch zu anderen.


Die Loge gibt uns scheinbar Schutz, aber dieser ist trügerisch. In Wahrheit verbirgt sich dahinter eine tiefe Traurigkeit. Denn der Preis, den wir zahlen, wenn wir das Fühlen vermeiden, ist die Isolation. Wir erleben das Leben nicht mehr aktiv, sondern werden zu Zuschauern im eigenen Theaterstück. Wir spüren den Frust, dass das Leben an uns vorbeizieht, dass wir nicht die Hauptrolle spielen, sondern uns mit Nebenrollen begnügen oder gar nur Zuschauer sind. Unsere Kommentare über das Leben werden laut, doch sie sind nur Masken für die unterdrückte Sehnsucht, wirklich zu leben, wirklich zu fühlen.


Doch die Bühne des Lebens steht uns jederzeit offen. Es ist nie zu spät, die eigene Hauptrolle einzunehmen, die Regie des eigenen Lebens neu zu führen. Jeder von uns kann jederzeit sein Drehbuch umschreiben, das Stück neu inszenieren. Es braucht Mut, um die Loge zu verlassen, sich den Stürmen der Gefühle zu stellen und die eigene Verletzlichkeit zu akzeptieren. Doch dieser Mut inspiriert – nicht nur uns selbst, sondern auch die Menschen, die uns zusehen. Denn wenn wir uns authentisch fühlen und zeigen, geben wir anderen die Erlaubnis, es uns gleichzutun. Unsere Reise zurück ins Fühlen wird zu einer Einladung an andere, ebenfalls die Distanz aufzugeben und wieder wirklich zu leben.


Die Kraft des Fühlens ist es, die uns lebendig macht, die uns unsere Schöpferkraft zurückgibt und uns erkennen lässt, dass wir mehr sind als bloße Beobachter. Wir sind die Tänzer und Tänzerinnen auf der Bühne des Lebens, und die Melodie, zu der wir tanzen, ist die volle Palette unserer Gefühle – jeder Ton, jede Nuance ist wichtig, um das vollständige Bild des Lebens zu erfahren.


Und während wir uns langsam wieder fühlen, mögen wir vielleicht feststellen, dass selbst ein Hauch von Ironie mit uns schmunzelt. So wie diese zwei alten Bekannten im Theaterbalkon – denn schließlich: Wer braucht schon Tiefe, wenn man sich stattdessen in einem wirklich guten Gefühl verlieren kann.





 
 
 

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