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Die Wüste der Sinnlosigkeit

Autorenbild: Tom & AlexTom & Alex

Es gibt Tage, an denen wir nichts als Leere spüren. Die Welt um uns herum scheint farblos, bedeutungslos, tot. Wir suchen nach einem Funken, einem Zeichen, dass das Leben noch Sinn hat, doch überall, wo wir hinsehen, ist Wüste. Eine endlose Weite aus Sand, Hitze und Stille. Kein Wasser in Sicht. Kein Schatten. Kein Weg, der uns irgendwohin führt.

Diese Wüstenzeiten treffen uns oft unvorbereitet. Doch wenn wir genauer hinsehen, haben sie ihren Ursprung in uns selbst. Sie entstehen aus unseren unerfüllten Erwartungen – an das Leben, an andere Menschen, an uns selbst. Wir haben geglaubt, dass das Leben uns etwas geben müsste, dass ein Partner uns erfüllen könnte, dass Erfolg uns Sinn bringen würde. Und dann, wenn diese Dinge ausbleiben oder anders kommen, als wir gehofft hatten, bleibt nur die Wüste.


Es war einmal ein Mann, der eine lange Reise unternahm. Er hatte gehört, dass es hinter der großen Wüste eine Stadt gibt, in der all seine Sehnsüchte gestillt würden. Dort, so erzählte man sich, würde er endlich finden, was er suchte: Liebe, Anerkennung, Sinn. Also machte er sich auf den Weg.

Zu Beginn seiner Reise war er voller Zuversicht. Er hatte Vorräte, einen klaren Plan, ein Ziel. Doch als die Tage vergingen, wurde sein Wasservorrat knapp. Die Sonne brannte unbarmherzig auf ihn herab. Der Sand unter seinen Füßen raubte ihm die Kraft. Doch am schlimmsten war die Stille. Die endlose, bedrückende Stille.

Mit jeder Meile, die er zurücklegte, wuchs die Verzweiflung in ihm. Wo war die versprochene Stadt? Warum kam niemand, um ihm zu helfen? Warum war er ganz auf sich allein gestellt?

Eines Abends, als er erschöpft in den Sand sank, erschien ihm ein alter Einsiedler. Der Fremde musterte ihn mit gütigen Augen und fragte:„Warum bist du hier?“

Der Mann seufzte. „Ich suche die Stadt hinter der Wüste, in der ich endlich Frieden finde.“

Der Einsiedler lächelte sanft. „Und warum glaubst du, dass der Frieden dort ist?“

„Weil ich ihn hier nicht finden kann!“ rief der Mann verzweifelt. „Hier ist nur Leere, nur Trostlosigkeit.“

Der Alte setzte sich neben ihn. „Was, wenn die Stadt, die du suchst, niemals außerhalb von dir war? Was, wenn sie die ganze Zeit in dir lag – und du nur suchst, weil du dir nicht erlaubst, sie zu sehen?“

Der Mann wollte widersprechen, doch in diesem Moment erkannte er die Wahrheit. Die Stadt, die er suchte, war nicht an einem fernen Ort. Die Sehnsucht nach Erfüllung, nach Liebe, nach Sinn – all das lag in ihm. Und solange er glaubte, es irgendwo da draußen finden zu müssen, würde er weiter durch die Wüste irren, immer hoffend, immer enttäuscht.


Wie oft in unserem Leben sind wir wie dieser Wanderer? Wir glauben, dass etwas außerhalb von uns uns retten kann: ein neuer Job, ein neuer Partner, ein neuer Lebensabschnitt. Doch solange wir glauben, dass unser Glück von etwas oder jemandem abhängt, bleibt die Wüste in uns bestehen – egal, wie weit wir reisen.

Die Lösung ist nicht, weiter zu suchen. Die Lösung ist, still zu werden. Zu erkennen, dass das Leben nicht außerhalb von uns geschieht, sondern durch uns. Wir sind der Fluss, nach dem wir uns sehnen. Wir sind die Quelle.

Wenn wir aufhören, etwas von der Welt zu fordern, beginnen wir, sie anders zu sehen. Wir erkennen, dass das Leben uns nie etwas schuldet – aber dass es immer fließt.

Der Schlüssel ist Hingabe. Das Zulassen des Moments, so wie er ist. Die Bereitschaft, sich nicht gegen die Wüste zu stemmen, sondern zu erkennen, dass sie nur eine Phase ist – eine Einladung, nach innen zu blicken.

Denn wenn wir das tun, wenn wir aufhören zu kämpfen und stattdessen beginnen, zu lauschen, passiert etwas Magisches:

Wir spüren wieder den Wind auf unserer Haut. Wir hören das leise Murmeln des Lebens, das niemals wirklich verstummt war. Und wir sehen – vielleicht zum ersten Mal – dass die Wüste nicht leer ist. Sie war nie leer. Sie war immer nur der Spiegel unserer eigenen inneren Sehnsucht.

Und in dem Moment, in dem wir aufhören zu suchen, beginnt die Wüste zu blühen.



 
 
 

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